Aktuelle Termine
22.01.25, 12.02.25, 26.02.25
Mitwirkung:
Anmeldung per E-Mail mit persönlichen Kontaktdaten und warum man Mitstreiter werden möchte.
Gesprächstermine:
auf Anfrage per E-Mail/ WhatsApp
Aktuelle Presseveröffentlichungen
Die frühere Kahlbaumsche Anstalt wurde bis 2004 als II. Medizinische Klinik genutzt. Nach dem Ausbau des Klinikums an der Girbigsdorfer Straße wurde die II. Med. aufgegeben. Jetzt ist es Standort für das DZA
Deutsches Zentrum Astrophysik. Foto © DESY
Bild: Kahlbaumsche Anstalt, Heilstätte Görlitz. Reihe Görlitz auf alten Ansichtskarten. Privatarchiv Thieme
Hermann Andreas Reimer (1825-1906), a doctor born in Berlin, opened the first "Heilanstalt für Epileptische" ('Nursing Home for Epileptics') on August 1st 1855.
The building was in a lonely country area at the foot of the Obermühlberg near Görlitz, 30 km east of Dresden. The house was built around the middle of the 19th century in the Italian Villa style typical of this period. At first, the home was intended to tend to the needs of twelve patients with epilepsy from affluent families. A place in the home cost 30 Friedrichsd'or per year and had to be paid six months in advance. In 1867 Dr Reimer handed the institution over to the German psychiatrist Karl Ludwig Kahlbaum, who ran it until his death in 1899 and built its world-wide reputation.
Deutsches Epilepsiemuseum Kork http://www.epilepsiemuseum.de/english/geschich/goerlitz.html
WerkstattTAG Geschichte
Datum: 22.01.2025, 15.00 - 16.30 Uhr, Individelle Gespräche ab 14 Uhr
Ort: KIB Dr. Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum, Querstr. 10
Leitung: Marakanow
Thema: Vorbereitung der 2025 anstehenden Jubiläen:
7. Mai: 200. Geburtstag von Dr. Reimer
und
1. August: 170 Jahre Bestehen der Kahlbaumschen Anstalt
Teilnahmebestätigung an den Teamkoordinator per E-Mail oder Whatsapp
KahlbaumTREFF
Datum: 12.02.2025, 15.00 - 16.30 Uhr,
Individelle Gespräche ab 14 Uhr möglich
Ort: KIB Dr. Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum, Querstr. 10
Leitung: Marakanow
Thema: Stand der Arbeiten auf dem Kahlbaumgelände,
Als Gäste werden erwartet:
Frau Mosebach, Netzwerkmanagement / Zentrum Innovation und Transfer im DZA, und die leitende Architektin des DZA für das Kahlbaum-Areal Frau Baldovski
"Selbsthilfegruppe Depression" (Ltg. Uwe Baumgart)
DZA-Campus kommt auf Görlitzer
Kahlbaum-Areal
Pressemitteilung vom 22.08.2024
Freistaat will Einstein-Teleskop nach Sachsen
holen
Das Görlitzer
Kahlbaum-Areal wird der neue Campus des Deutschen Zentrums für Astrophysik (DZA). Das Großforschungszentrum, das sich gerade in einer Aufbauphase befindet, kann damit im Herzen Europas errichtet
werden. Das Gelände mit den Gebäuden wurde vom Freistaat Sachsen von der Eigentümergesellschaft gekauft. Der Freistaat wird dem DZA das Gelände dauerhaft unentgeltlich zur Verfügung
stellen.
Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow sagte dazu:
»Nun gibt es Gewissheit und ich freue mich, dass es gelungen ist, den Wunschstandort des DZA für den Aufbau des neuen
Großforschungszentrums hier in Görlitz zu sichern. Dass wir damit gleichzeitig dem historischen Kahlbaum-Areal neues Leben einhauchen können, freut mich besonders. Mein Dank gilt allen, die daran
in den vergangenen Monaten intensiv mitgearbeitet haben. Das DZA wird ein wissenschaftlicher Leuchtturm der Astrophysik im Herzen Europas.
Der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu unterstreicht die Bedeutung der Entscheidung für die Stadt Görlitz. "Görlitz steht nun einmal mehr für ,Historie und High-tech’. Mit dem
DZA-Standort auf dem Kahlbaum-Areal haben wir einen wichtigen Bau-stein für den Wissenschaftsstandort Görlitz hier an der Neiße. In Görlitz forscht das deutsch-polnische Institut CASUS (Center
for Advanced Systems Understanding), wir haben das Fraunhofer-Institut und den Innovationscampus auf dem Siemens-Energy-Gelände, die Senckenberg-Forschungsgesellschaft hier und – nicht zu
vergessen – die Hochschule Zittau-Görlitz. Sie alle gemeinsam prägen nun unverwechselbar die Region. Das DZA und sein Campus auf dem Kahlbaum-Areal bedeutet nun endgültig: Es gibt einen
Paradigmenwechsel für die Wirtschaft und die Wissenschaft der Region, aus Görlitz heraus für Sachsen und weit darüber hinaus."
Günther Hasinger, designierter Gründungsdirektor des DZA, freut sich über die Ent-scheidung: »Das Kahlbaum-Areal war unser Wunschort, um im Herzen Europas einen prominenten Platz für
Spitzenforschung zu schaffen, darüber freue ich mich außeror-dentlich. Zu wissen, wo unser Campus nun hinkommt, ist ein sehr wichtiger Meilenstein für das DZA.«
Auf dem Kahlbaum-Gelände sollen künftig etwa 1.000 Mitarbeitende die Astrophysik-Forschung voranbringen. Dort sollen unter anderem Labore und Werkstätten errichtet werden. Etwa ein Drittel aller
DZA-Beschäftigten werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sein. Weitere zwei Drittel werden im administrativ-technischen Bereich tätig sein. Die nichtwissenschaftlichen Jobfelder reichen
von Handwerksberufen bis Bürojobs.
Über die Kaufkosten haben die Vertragspartner Stillschweigen vereinbart. Für das DZA beginnt nun die Planungsphase der Bauvorhaben. Ein konkreter Baubeginn kann noch nicht genannt werden. Nach
der Klärung der DZA-Standortfrage hat der Freistaat ein weiteres Großprojekt im Blick. Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow: »Wir möchten nun auch das Einstein-Teleskop nach Sachsen
holen und unterstützen alle Bemühungen, die zu einer Standortentscheidung für die Lausitz führen. Beide Großprojekte, DZA und Einstein-Teleskop, passen inhaltlich perfekt zusammen und würden sich
als direkte Nachbarn gut ergänzen.«
Das würde eine weitere Großinvestition in den Wissenschaftsstandort Lausitz bedeuten. Das Einstein-Teleskop (ET) ist eine europäische Initiative für die Errichtung eines unterirdischen
Messinstruments in Form eines gleichseitigen Dreiecks. Mit dem ET können Gravitationswellen aus dem All detektiert und ausgewertet werden.Der Direktor des Bereichs Astroteilchenphysik am
Desy, Prof. Christian Stegmann, unterstreicht die Bedeutung der Entscheidung: »Das
Einstein-Teleskop ist ein entscheidender Schritt in der Erforschung unseres Universums. Seine Bedeutung ist immens. Dass Sachsen sich klar positioniert ist ein starkes Signal. Es zeigt eine tiefe
Wertschätzung für die Lausitz und unterstreicht das Potenzial des Projekts, den Wandel der Region von einem ehemaligen Zentrum des Bergbaus zu einem Zentrum für Spitzenforschung mit Strahlkraft
weit über die Grenzen Sachsen hinaus zu fördern. Als europäisches Großprojekt wäre das Einstein-Teleskop in der Lausitz ein Zeichen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Herzen
Europas."
Hintergrund
Kahlbaum-Areal
Das Kahlbaum-Areal in Görlitz ist ein Ort von großer historischer Bedeutung. Es wurde 1855 von Dr. Hermann Andreas Reimer als erste Epilepsieklinik Deutschlands gegründet
und entwickelte sich unter der Leitung von Dr. Karl Ludwig Kahlbaum zu einer der renommiertesten psychiatrischen Einrichtungen des 19. Jahrhunderts.
Das Areal trägt auch die Last einer dunklen Vergangenheit. Während der NS-Zeit wurden 1943 die Kahlbaum-Patienten in die Anstalt Großschweidnitz verlegt, wo viele unter katastrophalen
Bedingungen starben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände zunächst als Lungenheilstätte genutzt. 1956 zog die II. Medizinische Klinik des Bezirkskrankenhauses Görlitz – im Volksmund
»Zweite Med" genannt – auf das Gelände. Seit 2004 steht es endgültig leer.
Das DZA wird nun das historische Areal wiederbeleben und künftig an die historische Bedeutung des Areals erinnern. Die Vergangenheit der Zweiten Med und der
Psychiatrie soll weiter wissenschaftlich aufgearbeitet werden, um auch der Opfer der dunklen Kapitel der Geschichte zu gedenken.
So soll das Areal künftig ein Ort der Forschung, des Erinnerns und Gedenkens sein.
Dafür arbeitet das DZA eng mit der "Initiative PRO Kahlbaum« zusammen."
GörlitZgorzelec - Erbe ist ZUKUNFT ist Erbe -
10. April, 10.00 Uhr, Aula der DPFA Europrymus Zgorzelec
Programm
Mittwoch 10. April 2024
09.00 - 10.00 Anmeldung bei Kaffee und kleinen Snacks
10.00 - 10.15 Begrüßung und Eröffnung der Kahlbaum-Tage GörlitZgorzelec
Fr. Hübner, Geschäftsführerin DPFA Europrymus Zgorzelec
Hr. Mimus, Geschäftsführer ENO Wirtschaftsförderung Görlitz
10.15 - 10.45 "Entstehungsgeschichte der Initiative PRO Kahlbaum in der Europastadt GörlitZgorzelec"
Hr. Marakanow, Teamkoordinator Initiative PRO Kahlbaum
10.45 - 12.30 "Neueste Ergebnisse aus dem Weltall: auf dem Weg zum Deutschen Zentrum für
Astrophysik"
Hr. Prof. Dr. Hasinger, Gründungsdirektor Deutsches Zentrum für Astrophysik
Vortrag in englischer Sprache für 11-klässler der Gymnasien der Stadt Zgorzelec
12.30 - 13.30 Imbisspause
13.30 - 14.00 Einführende Worte zur Ausstellung, "Leben und Wirken von Dr. Karl Ludwig Kahlbaum
Einblicke in die Geschichte der Psychiatrie in Görlitz"
Hr. Knospe, Sprecher SeniorKompetenzTeam
14.00 - 15.00 Diskussionsmöglichkeit und Quiz für die Schüler, anschl. Zusammenfassung und abschließender Kommentar zur Diskussion
15.00 - 16.00 freie Besichtigung der Ausstellung
Montag, 15. April 2024
13.45 Uhr Städtischer Friedhof, Treff an der alten Feierhalle
14.00 Uhr Gang zur Kahlbaum-Familiengrabstätte
Gedenkminute zum 125. Todestages von Karl Ludwig Kahlbaum
Hr. Jungnickel, Hr. Marakanow
Mittwoch, 17. April 2024
13.00 Uhr Dr. Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum
KahlbaumInfoTag: Vorstellen der Initiative PRO Kahlbaum und Partner : Initiative Görlitz gGmbH und DPFA Europrymus Zgorzelec
13.10 Uhr Gastbeitrag "Demenzprävention"
Fr. Hanna Wagner vom ASB Dresden/Kamenz, Bereichsleiterin Begegnungs-
und Beratungszentren
14.40 Uhr Erzähl-Rundgänge
- Auf Kahlbaums Pfaden im Neißetal/Obermühlberg/Blockhaus/Frödingstein und -weg/Kahlbaum-Areal
Hr. Baum - Auf Spurensuche von Reimer und Kahlbaum auf dem Kahlbaum-Areal Hr. Marakanow
16.00 Uhr Ende
Angebote der Initiative (Gedenktage/-minuten)
Geführte Erzähl-Rundgänge:
Kahlbaum-Areal - Dem Leben und Wirken von Reimer und Kahlbaum auf der Spur
Auf Kahlbaums Spuren - Rundweg Obermühle-Neißetal-Obermühlberg-Blockhaus-
Frödingweg
2025
-
07.05.2025 200. Geburtstag von Dr. Hermann Andreas Reimer
- 10.07.2025 160. Todestag von Wilhelmine Herzlieb
- 01.08.2025 170. Jahrestag der Gründung ehemaliger “Heilanstalt für Epileptische”,
- 28.11.2025 155.
Geburtstag von Dr. Siegfried Kahlbaum
2028
Kahlbaum-Gedenkjahr
28.12.2028 200. Geburtstag von Dr. Karl Ludwig Kahlbaum
"Entwicklung der Psychiatrie in Görlitz unter Reimer und Kahlbaum“
Dr. med. Friederike Schlichting, geb. Altenkirch
Auszug aus der Dissertationsschrift zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Medizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, Institut für Geschichte der Medizin, Direktorin Frau Prof. Dr. med. Heidel
Vor Eröffnung der privaten Heilanstalt für Epileptiker 1855 durch Hermann Andreas Reimer gab es in Görlitz und der Umgebung keine spezialisierte Betreuung und Behandlung von Epilepsiekranken. Die Aufnahme von Epileptikern in öffentlichen Irrenanstalten war im Regierungsbezirk Liegnitz, zu dem Görlitz gehörte, sogar verboten. Somit hatte Reimer nachweislich in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa, eine der ersten ärztlich geleiteten und spezialisierten Einrichtungen für Epileptiker gegründet. Seinerzeit hatte der Epilepsiekranke eine schlechtere, gesellschaftliche Stellung als der psychisch Kranke. Nur wenige Ärzte waren in der Lage, das Krankheitsbild der Epilepsie zu erkennen oder glaubten gar an eine Therapierbarkeit. Reimer hatte es sich nicht nur zur Aufgabe gemacht, Patienten mit Epilepsie zu diagnostizieren, sondern auch Patienten mit diesem Krankheitsbild zu behandeln. Sein Vorgehen verbesserte zugleich die Akzeptanz der Bevölkerung und Ärzte für speziell dieses Krankheitsbild. Er vermutete, dass durch eine frühzeitige Behandlung der Epileptiker der Gehirnabbau reduziert würde, damit ein normales Leben (gesellschaftlich und wirtschaftlich) möglich wäre. Davon würde wiederum auch der Staat wirtschaftlich profitieren, wenn weniger Pflegefälle auf Staatskosten versorgt werden müssten. Mit der Erweiterung seiner Institution im Jahre 1856 zur privaten Heil- und Pflegeanstalt für Gehirn- und Nervenkranke entstand in Görlitz erstmals die Möglichkeit, auch psychisch Kranke speziell zu versorgen und zu behandeln. Im Regierungsbezirk gab es zwar einige wenige staatliche Heil- und Pflegeanstalten, diese waren jedoch weit entfernt von Görlitz und stets überfüllt. Reimer bemühte sich sowohl bei den Epileptikern als auch bei den psychisch Kranken um einen ganzheitlichen Behandlungsansatz. Dieser umfasste nicht nur diätetische Methoden und Bäderkuren, sondern auch verhaltenstherapeutische Ansätze. 1866 stellte Reimer den Nervenarzt und Privatdozenten Karl Ludwig Kahlbaum als ersten Assistenten ein, dem er bereits 1867 seine Anstalt übergab und selbst aber Görlitz verließ. Bereits während Kahlbaums Anstellung an der staatlichen Heil- und Pflegeanstalt Allenberg konzentrierte er sich auf die klinische Beobachtung und Dokumentation der psychiatrischen Patienten, woraus er entgegen der seinerzeit vertretenen Einheitspsychose- eine klinisch-orientierte Klassifikation für psychiatrische Krankheitsbilder zu entwickeln versuchte. Die damit verbundene Differenzierung seiner Patienten nach verschiedenen Erregungs- und Krankheitszuständen sowie nach dem Geschlecht spiegelte sich auch in der deutlichen räumlichen Anstaltserweiterung in Görlitz wider. Mit der klinischen Betrachtungsweise seiner Patienten war nicht nur eine Differenzierung der Patienten, sondern auch die Erstellung neuer Diagnosen und damit auch eine Prognoseabschätzung für die jeweiligen Erkrankungen möglich geworden, die schließlich auch zu einer weiteren Spezialisierung im Fachgebiet Psychiatrie führten. Im Zuge der Spezialisierung entstand nicht nur eine Pflegeabteilung für chronisch Kranke, sondern auch erstmals ein sogenanntes Ärztliches Pädagogium zur speziellen und ganzheitlichen Behandlung psychisch kranker Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener des männlichen Geschlechts. Neben der ärztlichen Therapie erhielten die Kinder und Jugendlichen regelmäßig Unterricht (entsprechend ihrem Ausbildungsstand) oder konnten eine Berufsausbildung beginnen. Die Ausbildung fand zum Teil in anstaltsexternen Betrieben und Schulen statt, wodurch Kahlbaums frühe Bestrebungen eines offenen Fürsorgekonzepts belegt werden können. Auch gab es bereits seit den 1870er Jahren regelmäßig Sprechstundenzeiten im Sinne einer ambulanten Patientenbetreuung. Mit der Eröffnung des offenen Kurhauses in den 1880er Jahren vollzog sich auf dem Kahlbaumschen Anstaltsgelände eine weitere Öffnung der An-staltsgrenzen, weg von der weitverbreiteten Form der der geschlossenen Anstalt. Den leichteren Nervenkranken des offenen Kurhauses war es möglich, an freizeitlichen Aktivitäten außerhalb der Anstaltsgrenzen teilzunehmen und sich frei auf dem Anstaltsgelände zu bewegen. Es ist zu resümieren, dass es Reimer und Kahlbaum zu verdanken ist, dass eine spezialisierte Behandlung von Epi-leptikern und psychisch Kranken der höheren Stände bereits ab 1855 in Görlitz möglich wurde. Beide Ärzte bemühten sich frühzeitig um ein balancierte Arzt-Patienten-Verhältnis im Sinne eines Moral-Management mit zunehmender Distanzweg von Zwangsanwendungen, hin zu einem No-Restraint-System und offenem Fürsorgekonzepts. Während medikamentöse Therapien kaum Anwendungen fanden, konzentrierte sich insbesondere Kahlbaum auf verhaltenstherapeutische Anwendungen, wie die Milieu-, Arbeits-, Kunst- und Musiktherapie, wie sie zum Teil auch heute noch ihren Stellenwert in der Behandlung psychiatrischer Krankheitsbilder haben.
Kahlbaum-Initiative zeigt Ausstellung
Der bekannte Nervenarzt wird darin ebenso gewürdigt wie sein Vorgänger Hermann Reimers. Wer die Schau sehen möchte, sollte sich anmelden.
Von Matthias Klaus
Kahlbaum – bei diesem Namen denken wohl viele Görlitzer an die gleichnamige Allee. Dabei wird der Nervenarzt Karl Ludwig Kahlbaum in manchen Teilen der Welt mehr geschätzt als der Psychiater Sigmund Freud. In Görlitz und auch in Deutschland dagegen droht Kahlbaum in Vergessenheit zu geraten. Dagegen will die Initiative ProKahlbaum etwas tun. Seit etwa einem Jahr gibt es auf dem Gelände auf der Querstraße 10 ein „Dr. Kahlbaum Informations- und Begeg-nungszentrum“. Die Räume der früheren Tagespflege standen zuletzt leer, wurden mit Förderung durch die Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien umgebaut, renoviert und erhielten Mobiliar. Hier treffen sich 12 bis 14 Mitglieder von ProKahlbaum zweimal im Monat. „Gäste und Interessenten sind willkommen“, sagt Teamkoordinator Peter Marakanow. Inzwischen hat die Initiative eine Ausstellung in den Räumen eingerichtet. Bilder, Zeitungsausschnitte von früher und heute, gesammelte Werke. „Einen Teil möchten wir auch in der Regenbogenschule in Zgorzelec zeigen“, sagt Marakanow. Ein Teil der Ausstellung ist Hermann Andreas Reimer gewidmet. Er eröffnete 1855 die erste deutsche Heilanstalt für Epilepsie-Kranke in Görlitz. Von ihm übernahm Kahlbaum die Nervenheilanstalt. Zwischen den beiden Männern soll ein vertrauensvolles, freundschaftliches Verhältnis bestanden haben. Während sich die Kahlbaum-Initiative eher mit der Geschichte beschäftigt, zieht auf dem Gelände das Astrophysik-Großforschungszentrum ein. Berührungspunkte gebe es bisher eher wenige, sagt Peter Marakanow. „Wir beschäftigen uns mit Vergangenheit und Gegenwart, das Großforschungszentrum mit der Zukunft“, sagt er. Die Forscher hätten auch bisher eher wenig Interesse an der Initiative gezeigt, eher am Rande. Wenn es engeren Kontakt geben würde, wäre das natürlich toll, sagt Marakanow. Er schaut inzwischen auf Dinge, die näherliegend sind. Spaziergänge über das Kahlbaum-Gelände, beispielsweise, auf den Wegen, die schon früher von Patienten genutzt wurden. Wer Interesse am Besuch der Ausstellung im Begegnungszentrum habe, könne sich gern melden. Auf der Internetseite der Initiative gibt es die entsprechenden Kontaktdaten.
SZ 10.5.2023
KahlbaumInfoTag
Grußwort von Prof. Dr. Dr. Reinhard J. Boerner
Sehr geehrter Herr Marakanow,
ich danke Ihnen sehr für Ihre Einladung und
gratuliere zu diesem schönen und gut durchdachten Programm, das hoffentlich viele Bürger - und nicht nur psychiatrie-geschichtlich Interessierte - ansprechen wird. Es ist der
kontinuierlichen und unermüdlichen Arbeit Ihrer "Initiative PRO Kahlbaum" zu verdanken, dass Kahlbaum und die historischen Erinnerungsorte seines Wirkens wieder in das Bewußtsein der
Görlitzer Verantwortlichen gerückt sind. Dies verdient Respekt auch aus der Sicht der Medizin bzw.
Psychiatriegeschichte. Die
aktuellen Entwicklungen lassen zudem hoffen, dass die bestehende Bausubstanz gerettet und denkmalgerecht in eine neue Nutzung überführt wird. Dass Sie das Programm mit einem Zitat von PD Dr. Reuster
überschrieben haben, ist eine sehr gute Idee, da sich der mir sehr gut bekannte Kollege sehr für die Geschichte unseres Fachs interessiert und engagiert. Da ich aufgrund der
Entfernung meines Wohnorts nicht so ohne Weiteres nach Görlitz reisen kann, möchte ich Ihnen auf diesem Weg einen gelungenen Tag mit vielen Teilnehmern wünschen.
Mit besten Grüßen Prof. Dr. Dr. Reinhard J. Boerner
Chefarzt i.R., Univ.- Prof. Dr. med. Dr. scient. pth. Dipl. Psych. Reinhard J. Boerner
Psychiater, Psychologe, Psychotherapeut, Psychotherapiewissenschaftler, Medizinhistoriker,Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Nervenheilkunde, Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, gegr. 1754, Vorsitzender der Viktor v. Weizsäcker Gesellschaft 2021-2022
Kahlbaumgelände lud zum Tag des Offenen Denkmals
Am Tag des offenen Denkmals öffnete das Gelände der ehemaligen Kahlbaumschen Nervenheilanstalt / II. Med seine Tore für Besucher. Landrat Dr. Stephan Meyer eröffnete offiziell die Ausstellung des Gesundheitsamtes Dr. Karl Ludwig Kahlbaum und die Görlitzer Psychiatriegeschichte. Unter dem Motto "Vom Universum in die Lausitz" gab anschließend Prof. Christian Stegmann, Mitantragsteller für das Deutsche Zentrum für Astrophysik Impulse.
Initiative sucht Dokumente zur Geschichte der II. Med
Um die Geschichte der ehemaligen II. Medizinischen Klinik in Görlitz zu schreiben, sucht die Initiative Pro Kahlbaum nach Zeitzeugen. Die Initiative vereint Görlitzer, die an der Aufarbeitung der Kultur- und Sozialgeschichte der Psychiatrie, der Kahlbaumschen Anstalt und des Mediziners Dr. Kahlbaum arbeiten. „Wir wollen die Kultur- und Sozialgeschichte der Psychiatrie und Kahlbaum Görlitzern und Interessierten im Dr. Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum näherbringen“, heißt es in einer Presseerklärung der Initiative. Das Begegnungszentrum war erst im Juni dieses Jahres in der Querstraße eröffnet worden. Am Ende soll eine Publikation entstehen mit gesammelten Erinnerungen, die einer breiten Öffentlichkeit die Geschichte dieser besonderen Einrichtung für das Görlitzer Gesundheitswesen zugänglich macht. Dazu sucht die Initiative Dokumente und Zeitzeugen, die in der ehemaligen II.Medizinischen Klinik zu DDR-Zeiten oder später gearbeitet haben. Vor allem Fotos, Anekdoten aus dem Arbeitsalltag und Beschreibungen über die Tätigkeit sind von großem Interesse. Wer zu diesem Projekt etwas beitragen kann, wird gebeten, sich in dem Begegnungs-zentrum, Querstraße 10, zu melden oder per E-Mail Kontakt mit der Initiative aufzunehmen.
Dr. Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum eröffnet
Das neu entstandende Zentrum auf der Querstrasse ist ein Ort der als Ausgangspunkt für Führungen aber auch Treffpunkt der im Netzwerk beteiligten Akteure und InteressentInnen. Die Räumlichkeiten finden sich in der Querstraße 10. Diese stellen in Bezug auf das Projekt einen historischen Wert dar, da sie als ehemalige Ärztevillen der Kahlbaumschen Nervenklinik Teil des bauhistorischen Gedenkens an Dr. Kahlbaum darstellen. Zudem befinden sich in diesem wie auch im Nebengebäude Wohneinrichtungen für psychisch erkrankte Menschen des Projektträgers. Wie das gesamte Projekt symbolisiert der Ort das Zusammenspiel aus Gedenken an die Vergangenheit, das Gestalten der Gegenwart und den Blick in die Zukunft.
"Karl Ludwig Kahlbaum. Als Psychiater war er seiner Zeit voraus"
Dr. med. Jürgen Wenske, Görlitz Quelle:
Ärzteblatt Sachsen
07/2021, S. 36-38
Der Historiker Karl Mendelssohn Bartholdy (1838-1897) war in der Klinik des Dr. Kahlbaum Patient.
Karl Mendelssohn, der älteste Sohn von Felix Mendels-sohn-Bartholdy, fühlte sich der bürgerlichen Revolution
verpflichtet. Elke Renate Steiner lässt seinen jüngeren und scheinbar erfolgreicheren Bruder, Paul Mendelssohn, in Rückblenden von Karls bewegtem Leben erzählen. Darunter auch die Begebenheiten
als Patient in Görlitz in der Kahlbaumklinik, die damals zu den fortschrittlichsten psychiatrischen Einrichtungen Deutschlands gehörte.
Die anderen Mendelssohns: Karl Mendelssohn Bartholdy von Elke Renate Steiner /
Steinercomix.de, erschienen 2015.
Der Begriff der Katatonie ist eng mit dem der Schizophrenie verknüpft, seitdem Kraepelin (1899) die von Kahlbaum (1874) als Katatonie oder »Span-nungsirresein« beschriebene Krankheitsentităt - neben der von Hecker (1871) beschriebenen Hebephrenie und der Dementia paranoides - zu einer der Subtypen der Dementia praecox gemacht hatte und diese Zuordnung auch von Bleuler (1911) bei dessen Rekonzeptualisierung der Dementia praecox unter der neuen Bezeichnung »Schizophrenie« (Spaltungsirresein) übernommen worden war. Mit dem Begriff der Katatonie verbinden sich seitdem eine Reihe ungeloster Probleme, die sowohl in nosologischer wie in ătiologischer Hinsicht zu den schwierigsten der Psychiatrie zăhlen.
In: Jahn T. (2004) Katatonie — 130 Jahre
nach Karl Ludwig Kahlbaum.
In: Jahn T. (eds) Bewegungsstörungen bei Psychischen Erkrankungen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-18533-5_1
Das heute gültige Schizophreniekonzept geht in seinem Ursprung und in Bezug auf die wesentlichen Definitionskriterien auf Kraepelin zurück, der wiederum die
entscheidenden Anstöße für sein auf die Entdeckung und Formulierung klinischer Krankheitseinheiten ausgerichtetes psychiatrisches Denken von Kahlbaum erhielt. Karl Ludwig Kahlbaum lebte und
wirkte von 1866 bis zu seinem Tode 1899 in Görlitz. Sein fachliches Forum hatte er im Verein ostdeutscher Irrenärzte. Ungeachtet seiner Bedeutung für die Entwicklung der Psychiatrie des 20.
Jahrhunderts gehört Kahlbaum zu den vernachlässigten Figuren der Psychiatrie-geschichte. Kahlbaum ist der Schöpfer der psychiatrischen Krankheitslehre und in seinem Denken wurzelt auch unser
heutiger Schizophreniebegriff, der von Kraepelin mit der Bezeichnung „Dementia praecox“1899, dem Jahr von Kahlbaums Tod, aus der Taufe gehoben wurde.
In: Von der Katatonie und Hebephrenie zur Dementia praecox — Kahlbaums Beitrag zur Entwicklung des modernen Schizophreniekonzepts.
Universitätskolloquien zur Schizophrenie, S. 267-273. Autoren: P. Bräunig, S. Peter (2003)
Artikel von Harms und Thieme würdigen Kahlbaum als Pionier der Kinder- und Jugendpsychiatrie bzw. sein Wirken als Psychiater in seiner Görlitzer Anstalt; Katzenstein analysiert seinen Beitrag zur
Entwicklung der Psychiatrie als Theorem. Vorliegende Arbeit versteht sich dazu als Ergänzung. Sie widmet sich dem bisher kaum beachteten Lebensabschnitt vor der allgemeinen Beachtung als
Therapeut und Wissenschaftler. Dabei kann sie, vor allem anhand der Untersuchung seiner Studien in Leipzig, Mutmaßungen bestätigen, daß sich Kahlbaum erst relativ spät für psychiatrische Themen
interessierte. Weiterhin zeichnet sie die Diskussion um seine wissenschaftliche Hauptleistung, seine Nosologie von 1863, nach und erhärtet den Fakt, daß deren Autor erst Jahrzehnte später auf
diesem Felde Anerkennung erfuhr.
In: Karl Ludwig Kahlbaum - Leben und Werk bis zur Zeit seines Bekanntwerdens. Ein
Beitrag aus Anlaß der 100. Wiederkehr seines Todestages am 15. April 1999 von H. Steinberg. Fortschritte der Neurologie - Psychiatrie, Ausgabe 67 (8), S. 367-372. Georg Thieme Verlag KG (1999)
Museen, Einrichtungen, Psychiatrie und Projekte
PSYCHIATRIE IN SACHSEN - DAS JAHR 1990
psychiatrie-in-sachsen-1990.psychiatriemuseum.de/
Sächsisches
Psychiatriemuseum
http://www.psychiatriemuseum.de
Gedenkstätte Großschweidnitz
https://gedenkstaette-grossschweidnitz.org
Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein
www.stsg.de/main/pirna/ueberblick/
Psychiatrienetz
www.psychiatrie.de"