Dr. Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum

Dieses Zentrum benötigt neben der inhaltlichen Ausgestaltung einen Ort als Ausgangspunkt und Treffpunkt der Bemühungen aller Akteure. Dafür stehen Dank der Kooperation nunmehr Räumlichkeiten in der Querstraße 10 zur Verfügung. Diese stellen in Bezug auf das Projekt einen historischen Wert dar, da sie als ehemalige Ärztevillen der Kahlbaumschen Nervenklinik Teil des bauhistorischen Gedenkens an Dr. Kahlbaum darstellen. Zudem befinden sich in diesem wie auch im Nebengebäude Wohneinrichtungen für psychisch erkrankte Menschen des Projektträgers. Wie das gesamte Projekt symbolisiert der Ort das Zusammenspiel aus Gedenken an die Vergangenheit, das Gestalten der Gegenwart und den Blick in die Zukunft.

 

Am 27. Januar wurde die Kooperationsvereinbarung zwischen der Initiative Görlitz gGmbH und der Initiative PRO Kahlbaum unterzeichnet. Ziel war ein Informations- und Begegnungszentrum in der ehemaligen Ärztevilla Querstr. 10 zu etablieren. Ausgangspunkt ist die Zusammenarbeit des psychosozialen Trägers Initiative Görlitz gGmbH, der sich in seiner Arbeit der Tradition des Görlitzer Gemeindepsychiaters Dr. Kahlbaum sieht und unserer „Initiative Pro Kahlbaum“, die das Gedenken von Dr. Kahlbaum pflegt. Gemeinsam entstand die Idee ein „Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum“ aufzubauen.

Eine Förderung durch die Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien ermöglichte den Aufbau des Dr. Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum. Vorstandsmitglied der Sparkassenstiftung Regina Risy übergab an diesem Tag der Initiative Görlitz den Bewilligungsbescheid für das Projekt "Informations- und Begegnungszentrum Dr. Kahlbaum".

Aus dem Antrag (Auszüge):

Ziele und Inhalte des Projektes: Bekanntmachen und Erinnern an Dr. Kahlbaum als eine bedeutende Görlitzer Persönlichkeit, sowie von bauhistorischen Denkmälern in der Stadt Görlitz mit dem Ausgangspunkt Kahlbaum-Areal (Kahlbaumallee, Querstraße, Moltkestraße); Herausarbeiten des sozialpsychiatrischen Tätigwerdens von Dr. Kahlbaum und deren Bedeutung für die heutigen sozialpsychiatrischen Grundsätze und Werte.

Gestalten von gemeinsamen bereits bestehenden Veranstaltungen im Begegnungszentrum, z.B. Erzählcafé, Schach etc.; Begegnung von Menschen mit verschiedensten Interessen und Besonderheiten,  Aufbau neuer Aktionen wie z.B. Ausstellungen, Erzähl-Rundgänge zu psychiatriegeschichtlichen  Orten seines sozialpsychiatrischen Wirkens, Gesprächskreise und Foren etc.

Begnungszentrum am Kahlbaumgelände eröffnet Ein Beitrag von Gabriela Lachnit, Sächsische Zeitung Red. Görlitz.

Zwei Initiativen betreiben ein Informationszentrum. Sie planen Spaziergänge über das Gelände der Kahlbaumschen Anstalt – solange es noch geht. Wer war eigentlich Karl Ludwig Kahlbaum? In Görlitz denken viele Menschen zunächst an eine Straße, die nach ihm benannt ist. Mehr fällt vielen nicht ein. Doch der Nervenarzt wird in manchen Teilen der Welt sogar mehr geschätzt als der Psychiater Sigmund Freud. In Görlitz und auch in Deutschland dagegen droht Kahlbaum, in Vergessenheit zu geraten. Zwei Initiativen wollen das verhindern. Die gemeinnützige GmbH Initiative Görlitz und die Initiative ProKahlbaum richten gemeinsam ein „Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrum“ ein. Am Dienstag wurde es auf der Querstraße 10 in Görlitz eröffnet. 

In einem Raum der ehemaligen Ärztevillen befindet sich das Zentrum. Die Räume standen zuletzt leer, wurden mit Förderung durch die Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien etwas umgebaut, umfassend renoviert und erhielten Mobiliar. Hier treffen sich Mitglieder von ProKahlbaum künftig jeden zweiten Dienstag und jeden vierten Mittwoch im Monat ab 15 Uhr. „Gäste und Interessenten sind willkommen“, sagt Peter Marakanow von ProKahlbaum. Grundlage für die Zusammenarbeit beider Initiativen ist nicht nur ein Kooperationsvertrag, der im Vorjahr geschlossen wurde. Vielmehr sind es die Arbeit der Initiative Görlitz in der Tradition des Nervenarztes Kahlbaum und das Bestreben von ProKahlbaum, das Gedenken an ihn zu pflegen. Der Ort des Dr. Kahlbaum Informations- und Begegnungszentrums könnte nicht besser gewählt sein: Die Villen Querstraße 9 und 10 sind ehemals Ärztevillen der Görlitzer Kahlbaumschen Anstalt und damit Teil des bauhistorischen Gedenkens an Kahlbaum. Die Initiative Görlitz bietet hier zudem Wohnprojekte für psychisch erkrankte Menschen an. Kahlbaum (1828-1899) wirkte seit 1866 bis zu seinem Tod in Görlitz. Er reformierte die Behandlung psychisch Erkrankter, nachdem er eine neue Gliederung für diese Erkrankungen aufgestellt hatte. Mit dem neuen Zentrum hat nicht nur Pro Kahlbaum eine neue Heimstatt, sondern sie will gemeinsam mit der Initiative Görlitz einen Begegnungsort schaffen für Menschen mit und ohne psychische Erkrankung sowie kulturhistorische und sozialpsychiatrische Angebote unterbreiten. Peter Marakanow denkt dabei unter anderem an eine Ausstellung zu Kahlbaum, an Vorträge, Informationsveranstaltungen und sogar informative Spaziergänge über das Kahlbaum-Gelände gleich nebenan. Führungen will er das nicht nennen, „wir sind ja keine Stadtführer“, erklärt er. Möglich sind diese mithilfe der Eigentümerin des Geländes. Die in Hamburg lebende Julia Kubis erwarb es mit ihrer Firma vor ein paar Jahren. Was aus dem seit Langem ungenutzten Gelände wird, auf dem Kahlbaum die Klinik betrieb und das zuletzt vom Görlitzer Krankenhaus als II. Medizinische Klinik genutzt wurde, ist offen. Von einem Demenzzentrum war die Rede, doch die großen Pläne haben sich zerschlagen. Jetzt wird das Gelände als Sitz des neuen Astrophysik-Großforschungszentrums gehandelt. Deswegen schaut auch Frau Kubis gespannt auf die Entscheidung im September, welches Projekt den Zuschlag für das Forschungszentrum erhält. In der Zwischenzeit hat sie eine international angesehene Künstlerin dafür gewinnen können, Installationen an der Fassade des Kopfgebäudes anzubringen. Weitere Kunstaktionen auf dem Gelände werden folgen. Und so richtet Pro Kahlbaum den Blick in die Vergangenheit, in die Gegenwart und in die Zukunft. „Wir erinnern an Kahlbaum als eine der bedeutendsten Görlitzer Persönlichkeiten, sind mit Veranstaltungen, Erzählcafé, Schach und dergleichen aktuell präsent und planen neben Ausstellungen und Vortragsspaziergängen zu Orten der Kultur- und Sozialgeschichte der Psychiatrie auch Foren und Gesprächskreise“, erklärt Marakanow. Vor allem betreffs einer Ausstellung setzt Marakanow auf die Mithilfe von Zeitzeugen: „Wir sind interessiert an Berichten, Fotos und Gegenständen von Menschen, die in der II. Med. gearbeitet haben“, sagt er. Auch die grenzüberschreitende Flanke, die sich mit Psychiatrie beschäftigt, fehle noch. Veröffentlichung Sächsische Zeitung 16.06.2022